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Erfahrunsbericht – Digital Party Night

Ein Bericht über echten internationalen Austausch am Ende des Digital Natives Projekt

© Samuel Zeller
© Samuel Zeller

Kurz vor Beginn der Digital Party Night testen die Techniker_innen des Volkstheaters Wien die Internetverbindung für die Live-Zuschaltungen, ein leises Rauschen tönt aus den Lautsprechern. „Man kann dem Internet gerade beim Arbeiten zuhören“, sagt eine der Schauspielerinnen der Jungen Volkstheater-Produktion Concord Floral, das Publikum und die Jugendlichen, die am Bühnenrand sitzen, lachen.

Etwas später erklären die Jugendlichen auf der Bühne, dass das #digitalnatives19-Festival Teil 2 im März seinen Anfang genommen hat: Die Theatertruppen aus den fünf teilnehmenden Ländern haben sich in Wien getroffen und zusammen einen Theaterworkshop gehalten. Das Video, das dieses Treffen veranschaulicht, zeigt nicht nur wie viel Spaß die Jugendlichen am Schauspielern haben, sondern auch wie viel Talent sie mitbringen.

Nun beginnt der erste Hauptpunkt des Abends: Die jungen Theatertruppen werden nacheinander zugeschalten und berichten von ihren Produktionen von Concord Floral. Die Kölner_innen haben das Stück von Kanada in ihre Stadt verlegt. Die Handlung dreht sich in ihrer Fassung statt um ein Glashaus um das Haus Fühlingen, ein stadtbekanntes verlassenes Haus, in dem es angeblich spuken soll. Bei der Zuschaltung erklären sie, dass ihre Gruppe gerne tanzt, weshalb sie das auch in ihrer Inszenierung machen.
Von der Inszenierung aus Reims bekomme ich leider an diesem Abend sehr wenig mit, denn bei der Übertragung aus Frankreich gibt es erhebliche technische Probleme. Ich sehe nur das Video über ihre Inszenierung und das zeigt die Jugendlichen u.a. dabei, wie sie zusammen abhängen und proben – und wie viel Spaß ihnen das macht. Einer der ungarischen Jugendlichen berichtet davon, dass die Gruppe nicht direkt mit den Proben für das Stück gestartet hat, sondern zunächst viele Spiele gespielt und sich gegenseitig kennengelernt hat. Anschließend ist es viel darum gegangen, sich selbst und die Charaktere zu ergründen – Hinter ihm wird getuschelt und dann gelacht. Er dreht sich kurz um, spricht mit seinen Kolleg_innen und wendet sich wieder an uns, das Publikum in den anderen vier Ländern, und sagt mit trockenem Humor: „I just heard, that I am the cringiest part so far, so I’ll stop talking. Let’s watch the video!“ Das Publikum und die Jugendlichen in Wien lachen noch, als bereits die ersten Frames des Videos zu sehen sind. Es sind Momente, wie diese, die dem Abend seinen Charme geben: Die Jugendlichen nehmen sich nicht so ernst, reißen Witze und lachen gemeinsam über kleine Hoppalas, die über den Abend verteilt so passieren – Dass nicht alles perfekt läuft, ist halb so schlimm.
Schließlich ist die Gruppe aus Österreich dran: Die Jugendlichen erzählen davon, wie sie den Text ihrem eigenen Slang angepasst und für die einzelnen Figuren Instagram-Accounts angelegt haben – Hin und wieder sind sie sogar für echte Profile gehalten worden, erzählen sie lachend, irgendwo auch stolz. Sie sprechen noch an, dass ihre Premiere von Concord Floral bereits mehr als ein Jahr zurückliegt und wie schön sie es finden, dass die anderen Gruppen erst mit ihren Aufführungsterminen begonnen haben: Ganz viel Wertschätzung und auch Dankbarkeit schwingt da mit. Die Gruppe aus Thessaloniki hat keine Inszenierung des Stücks erarbeitet, sondern Workshops zu den Inhalten des Stücks gehalten. Diese „Wendung“ überrascht mich im ersten Moment, doch dann überlege ich, wie viele schwierige Themen – beispielsweise Außenseiter_in sein, erwachsen werden und Mobbing – doch in Concord Floral besprochen werden.

Anschließend folgt noch ein Q&A, bei dem immer eine Gruppe einer anderen vier Fragen zum Entstehungsprozess ihrer Inszenierung stellt. Um einen Eindruck zu vermitteln, möchte ich ein Beispiel bringen: Auf die Frage, ob die Probenzeit die Schulnoten beeinflusst hat, erzählt eine Jugendliche aus Wien, dass sie an der Inszenierung während ihres Maturajahres mitgewirkt hat. Von vielen Seiten habe sie gehört, ob das denn wirklich eine gute Idee sei, genau jetzt fünfmal die Woche für jeweils vier Stunden ein Theaterstück einzustudieren. Sie erzählt, dass sich die Probenzeit nicht negativ auf ihre schulischen Leistungen ausgewirkt habe: Bei der abendlichen Probe Ytong-Blöcke zu Staub zu verarbeiten sei ein toller Ausgleich zum staubtrockenen Schulalltag gewesen. Im Publikum und auf der Bühne nur verständnisvolles Nicken und Lächeln.

Bei dem Austausch der Jugendlichen finde ich schön, wie ehrlich und verständnisvoll dieser ist: So sieht echter internationaler Austausch aus, denke ich mir. An der Art, wie die Jugendlichen von dem Stück Concord Floral sprechen, merkt man, dass sie sich sehr intensiv mit ihm auseinandergesetzt und über die darin aufgeworfenen Fragen nachgedacht haben. Man merkt auch, wie viel ihnen allen das Erarbeiten des Stückes bedeutet hat und wie viel Freude ihnen die Aufführungen gemacht haben. Es war ein sehr echter und netter Abschluss für dieses internationale Jugend-Projekt.

 

Published 24 June 2019